20 Jahre Findelkinder – mein Rückblick
2004 bin ich mit meinem Mann Franco in sein Heimatland Italien gezogen. Inmitten von viel Ruhe und Natur wollten wir dort unser Leben ein wenig mehr geniessen, alles
nur noch
ruhig angehen lassen und ich mich ausgiebig um meine Pferde kümmern.
So war der Plan.
Bis eines Tages, nicht lange nach unserem Umzug, ein schwarzer Kater am Pferdestall auftauchte. Er war in keinem guten Zustand und brauchte Hilfe. Die bekam er
selbstverständlich von mir und ich nannte ihn Streuner. Ab da lebte Streuner in meinem Pferdestall, kam und ging, wie es ihm beliebte und ließ es sich gut gehen.
Ehe ich mich richtig versah, tauchten weitere Katzen auf. Cesare, Nero, Piccolina, Bui - alle auf der Suche nach Futter, einem trockenen Plätzchen und einer
streichelnden Hand.
Dass daraus mein Projekt „Findelkinder Italien“ würde, hätte ich damals im Traum nicht gedacht.
Aber es sprach sich wohl schnell bei den Katzen der Umgebung rum, dass es bei „der Deutschen“ immer etwas zu futtern gab und dazu noch einen weichen
Schlafplatz.
Fast unbemerkt wuchs die Anzahl der Katzen von Monat zu Monat. Es tauchten kranke und verletzte Katzen auf, Katzenmamas mit ihren Babys, genauso wie einsame, scheue
Streuner, die eigentlich keinen Kontakt zu Menschen haben wollten.
Allen habe ich innerhalb meiner Möglichkeiten geholfen, habe sie zum Tierarzt gebracht, gesund gepflegt, Katzenbabys mit der Flasche gefüttert und auch die meisten
scheuen Streuner fanden mich irgendwann nicht mehr gruselig und ließen sich von mir anfassen.
Aus dem anfangs „bisschen füttern“ wurde somit schnell eine Lebensaufgabe, meine Lebensaufgabe.
Statt meinem vormals geplanten „Dolce Vita“ in Italien verbrachte ich meine Tage nun mit jede Menge Futter verteilen, Tierarztbesuche, Katzen gesund pflegen, und war
laufend mit Katzenfallen unterwegs, um möglichst alle Katzen auch kastrieren zu lassen.
Schnell kam ich an meine finanziellen Grenzen. Um all die hungrigen Mäulchen satt zu bekommen, musste ich das Katzenfutter oft mit Nudeln strecken, und mir wurde
klar – alleine schaffe ich das nicht mehr.
Durch einen glücklichen Zufall wurde damals Esther Geisser vom schweizer Verein NetAP auf mich aufmerksam. Sie hatte gerade begonnen, ihre Tierschutzarbeit auf
Italien auszuweiten, was für mich eine große Hilfe war. Der Verein unterstütze mich mit Futter und Medikamenten und führte einige Kastrationsaktionen bei mir durch.
Die Zahl der Findelkinder wuchs weiter, zeitweise waren es an die Hundert Katzen, die täglich schon ungeduldig an verschiedenen Stellen auf mich
warteten.
Irgendwann begann ich, mein Findelkinder-Projekt öffentlich zu machen. Facebook gab es damals noch nicht in der Form wie heute, aber ich war in einigen Katzenforen
vertreten und dort habe ich auch die ersten Paten für meine Findelkinder gefunden.
Dank diesen und den noch folgenden Paten konnte ich weiter jeder Katze eine Chance auf ein besseres Leben geben. Dafür bin ich allen Unterstützern, die damals und
heute an meiner Seite waren und sind, mehr als dankbar !
Alle meine Tage drehen sich seitdem von morgens bis abends um die Katzen. Sind alle satt, sind alle gesund, haben alle ein trockenes und sauberes Plätzchen zum
schlafen ?
Ich mache mir Sorgen, wenn mal eine Katze einige Tage nicht auftaucht, leide mit ihnen mit, wenn sie krank sind und freue mich, wenn sie alle satt und zufrieden in
der Sonne liegen.
Unzählige Katzen haben in diesen 20 Jahren meinen Weg gekreuzt. Manche waren nur kurz da, viele haben ihr gesamtes Leben bei mir verbracht. Einige haben wie Kletten
an mir gehangen, andere auch nach Jahren noch ihren Sicherheitsabstand eingehalten.
Viel zu viele Katzen musste ich schweren Herzens auf ihrem letzten Weg begleiten,
und ausnahmslos alle haben einen festen Platz in meinem Herzen bekommen.
20 Jahre, die so nicht geplant waren.
20 Jahre, die oft für mich eine Herausforderung waren.
20 Jahre, in denen ich oft dachte, ich schaffe es nicht mehr.
20 Jahre, die mich an meine körperlichen und seelischen Grenzen gebracht haben.
20 Jahre mit wunderbaren Geschöpfen, die mir täglich zeigen, wie sehr es sich gelohnt hat.
20 Jahre mit vielen lieben Menschen, die meine Findelkinder unterstützen.
20 Jahre, auf die ich niemals verzichten möchte.